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Warum eigene Räume für die Großgruppen Mediation wichtig sind

  • Autorenbild: Hannah Varga
    Hannah Varga
  • 8. Dez. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Im Jahr 2016 hatte ich die Möglichkeit, als Teil eines Teams der TU München das Stadtteillabor Neuaubing-Westkreuz mitzugestalten. Dieses Stadtteillabor war Teil des EU Horizon 2020 Projekts Smarter Together, einer Zusammenarbeit zwischen den drei sogenannten „Lighthouse Cities“ - München, Wien und Lyon. Ziel des Projektes war es, Smart-City-Lösungen an der Schnittstelle von Informations- und Kommunikationstechnologien, Energie und Mobilität zu erproben und zukunftsfähige Infrastrukturen für den öffentlichen Raum zu testen.


Unsere Aufgabe als Team im Projekt war es, einen Co-Design-Prozess zu initiieren, der Menschen aus der Stadtverwaltung, Bewohner:innen des Stadtteils und Vertreter:innen der Industrie zusammenbringt, um gemeinsam als 'Gestaltungskollektiv' Lösungen zu erarbeiten, die auf die Bedürfnisse des Stadtteils Neuaubing-Westkreuz abgestimmt sind. Über einen Zeitraum von zwei Jahren organisierten wir monatliche Veranstaltungen, bei denen diese heterogene Gruppe aus Verwaltungsexpert:innen, Bewohner:innen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen Ideen diskutierte und konkrete Vorschläge entwickelte. Im Mittelpunkt stand dabei immer die Frage, wie smarte Technologien im Rahmen von 'Smarter Together' im öffentlichen Raum umgesetzt werden.


Ein zentraler Bestandteil dieser Arbeit war das "Stadtteillabor Neuaubing-Westkreuz", ein eigens geschaffener Raum, der als physischer Treffpunkt für das EU-Projekt diente. Dieser Raum wurde speziell von uns in Zusammenarbeit mit dem Designstudio CeliaHannes eingerichtet, um das 'Gestaltungskollektiv' zu unterstützen. Das Stadtteillabor wurde so zu dem Ort für gemeinsame Diskussionen und für die Entscheidungsfindung in einer Großgruppe.



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Warum bringe ich nun ein Projekt aus dem Jahr 2016 heute zur Sprache? Beim Aufräumen meines Arbeitszimmers bin ich auf eine Publikation aus dem Jahr 2017 gestoßen, die mich dazu angeregt hat, diese Erfahrungen aus heutiger Sicht als Mediatorin noch einmal zu reflektieren. Diese Publikation entstand im Rahmen der Podiumsdiskussion Zukunft der Partizipation, die von der Fakultät für Raumplanung der TU Wien 2017 organisiert wurde. Damals hatte ich die Gelegenheit, das Stadtteillabor Neuaubing-Westkreuz vorzustellen. In meinem Vortrag habe ich einen Gedanken besonders hervorgehoben, der mir auch heute noch relevant erscheint:


„Die Zukunft der Partizipation in der Stadtplanung liegt darin, Räume zu schaffen, in denen offene Verhandlungen zwischen BewohnerInnen, RaumgestalterInnen und der städtischen Administration stattfinden können.“

Aus heutiger Sicht als Mediatorin sehe ich das schaffen von eigenen Räumen für Großgruppen Mediationen aber auch für Mediationen in Teams als sehr wichtig an. Daher um zu verdeutlichen was ich aus der Gestaltung des Stadtteillabors für mich mitgenommen haben, habe ich hier drei Learnings aus dieser damaligen Erfahrung abgeleitet und im Bezug zu Mediation mit Großgruppen aber auch mit Teams gesetzt:



1. Der Raum als Neutraler Ort


Gerade in der Mediation kann die Wahl des Ortes den Verlauf wesentlich beeinflussen. Stellt eine Partei den Raum zur Verfügung, kann dies zu einem Ungleichgewicht führen, da sich die andere(n) Partei(en) als temporäre Gäste fühlen bzw. sich jemand als Gastgeber verpflichtet fühlt, für die anderen zu sorgen. Um dieses potentielle Machtungleichgewicht zwischen den Parteien zu vermeiden, ist es daher ratsam, einen möglichst neutralen Ort für die Mediation zu finden. Dies kann z.B. bedeuten, dass innerhalb eines Unternehmens ein Raum gewählt wird, in dem keines der Teammitglieder häufig zu tun hat, oder auch ein Raum, der außerhalb des alltäglichen Umfelds der Personen liegt.


Im Rahmen des EU-Projektes Smarter Together hatten wir die Möglichkeit, das Stadtteillabor Neuaubing-Westkreuz speziell für dieses Projekt neu zu konzipieren. Hierfür konnte ein Ort gefunden werden, der sich direkt im Stadtteil Westkreuz befindet und zuvor weder von der Stadtverwaltung noch von den Bewohner:innen des Stadtteils angeeignet wurde. So entwickelte sich bereits beim ersten Treffen eine Dynamik, die es ermöglichte, das 'Gestaltungskollektiv' gemeinsam mit dem Raum zu formen. Anfängliche Unsicherheiten aufgrund der Unkenntnis der Umgebung waren bei allen Personen gleichermaßen vorhanden. Gleichzeitig schafft ein solches Setting die Möglichkeit zur Konzentration, da ein spezifischer Ort mit der Arbeit an einem Ko-Gestaltungsprozess oder einer Großgruppen Mediation verbunden wird.


2. Zwischennutzungen nutzen


Es ist oft nicht möglich, einen Raum speziell für ein Projekt oder nur für große Gruppen, Mediationen und Ko-Gestaltungsprozesse zu betreiben. Die Räumlichkeiten, die aufgrund ihrer Lage in Frage kämen, sind begrenzt und mieten zu teuer. Daher gilt es die Möglichkeiten für Zwischennutzungen auszuloten.


Dies ist eine Möglichkeiten der Raumorganisation, die sich im Fall des Stadtteillabors Neuaubing-Westkreuz bewährt hat. Hier wurde eine Zwischennutzung gesucht, d.h. ein Raum, der derzeit leer steht. Für das Stadtteillabor ergab sich eine glückliche Fügung. Ein solcher Raum wurde in einem Gebäude gefunden, das abgerissen werden sollte. Es handelte sich um ein Gebäude mit verschiedenen Gewerbeflächen, die bis auf einen Supermarkt bereits geräumt waren. Nach Verhandlungen mit dem Eigentümer des Gebäudes konnte das Stadtteillabor im ersten Stock in den ehemaligen Räumlichkeiten eines Fitnessstudios für zwei Jahre gegen einen geringen Geldbetrag eingerichtet werden. Durch die funktionierende Infrastruktur (Strom, Heizung, Teeküche) und die gute zentrale Lage über einem Supermarkt konnte das Stadtteillabor innerhalb weniger Wochen eröffnet werden.


3. Modulare Raum-Ausstattung und DIY-Design


Für die Innengestaltung des Stadtteillabors habe wir eng mit dem Designstudio CeliaHannes zusammengearbeitet. Die Idee war, dass wir den Raum je nach Gruppengröße oder Aktivität einfach umgestalten können. Das Designduo entwickelte dafür ein Konzept, das auf den Prinzipien des DIY-Designs und modularer Bauelemente basiert.


Die vier Arbeitstische können zu einer langen Tafel zusammengeschoben werden oder für Kleingruppenarbeit einzeln im Raum stehen. Die Hocker hatten eine Sitzfläche von 40 x 40 cm und konnten zu einem Rednerpult für Vorträge gestapelt werden. Die Sitzbänke waren für jeweils 3 Personen ausgelegt und konnten zu einem Regal gestapelt werden, um auch mehr Stehfläche im Raum zu schaffen. Zusätzlich wurden die Wände mit Weichholzpaneelen verkleidet, um sie während der Workshops als Dokumentationsflächen zu nutzen. Eine kleine Ecke wurde mit einer Werkbank und einem Wandregal ausgestattet, um Arbeitsmaterialien für alle Personen im Raum gleichermaßen und schnell zugänglich zu halten.


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Weitere Informationen zu meiner Tätigkeit im EU-Projekt Smarter Together und im Stadtteillabor Neuaubing-Westkreuz kann im Projektabschlussbericht Zur Ko-Gestaltung "smarter Lösungen" nachgelesen werden.



Fotos von: A. Montemayor, 2016 und TUM/MCTS, 2016/17




Text und Redaktion von Hannah Varga // Korrekturgelesen mit Hilfe von DeepLWrite




 
 
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